Dem Popeye sein Spinat

Verfasst von am 27. März 2017 in Körper-Geist-Seele

Im ersten Teil unserer Reihe haben wir uns damit beschäftigt, wie wir unsere Ernährung bewusster erleben können. Nun wollen wir den Fokus darauf lenken, was wir uns mit einer auf unsere Bedürfnisse angepassten Ernährung Gutes tun.

Unsere Sensoren für eine nährende Mahlzeit

Die Evolution hat uns mit einem feinen Wahrnehmungssystem ausgestattet. Ist etwas ungenießbar, faul oder schlecht geworden, merke ich das meist daran, dass es nicht besonders gut riecht, aussieht oder schmeckt. Neben diesen ersten, relativ groben Antennen, kann ich noch feiner in mich hineinspüren. Kann das wohlig-warme Gefühl einer sättigenden Mahlzeit wahrnehmen. Das befriedigte Empfinden nach genau der richtigen Menge und genau den richtigen Zutaten.

Hat es mir wirklich geschmeckt?

Hat etwas gefehlt oder war etwas zu viel?

Wie fühlt sich mein Körper jetzt an?

Mein Magen, mein Darm?

Bin ich nun schläfrig oder energiegeladen?

Wie geht es mir auf der Gefühlsebene?

Welche Bilder gehen mir durch den Kopf?

All diese Fragen können mir helfen zu spüren ob das, was ich da gerade gegessen oder getrunken habe, gut für mich ist. Ob es mich nährt und mir Energie schenkt, oder ob ich mehr Energie brauche es zu verdauen. Denn verarbeitet mein Körper zum Beispiel pestizidbelastete Nahrung, so muss er sich mit den anhaftenden, chemischen Fremdstoffen auseinandersetzen und sie wieder aus dem System entfernen.

Energieeffizienz?

Nieren und Leber sind dabei hauptsächlich für die Entgiftung unseres Körpers zuständig. Und je mehr sie zu tun haben, desto mehr Energie verbrauchen sie. Energie, die notwendig ist, die Nahrung vollständig zu zerlegen, zu assimilieren. Energie, die mir helfen könnte, mich besser zu spüren und das, was ich gerade brauche. Energie, die ich für einen bewussten, neugierigen Blick auf mich und die Menschen um mich herum und zur Erfüllung meiner Herzenswünsche nutzen könnte.

Wenn ich mir zu viel eines Nährstoffs zuführe, so kann ein Teil gespeichert und ein nicht zu verarbeitender Überschuss muss wieder ausgeschieden werden. Wenn nicht immer alle Nährstoffe zu Verfügung stehen, ist es sicherlich hilfreich, ein Depot anzulegen. Doch in Zeiten, in denen ich die Möglichkeit habe, jederzeit auf die unterschiedlichsten Lebensmittel zuzugreifen, kann ich mich balancierter versorgen und mir das geben, was ich in jedem Moment benötige. Schenke ich jedem Augenblick meine volle, ganzheitliche Aufmerksamkeit, spüre ich ein sich ankündigendes Bedürfnis und kann darauf eingehen. Das Bedürfnis teilt mir mit, was ich jetzt gerade brauche (Phasen 1+2 der Gestaltwelle).

„Iss jeden Apfel so, als wär’s dein erster!“

Welche Nahrung uns mehr Energie schenkt statt zu verbrauchen, das kann jede_r nur für sich selbst herausfinden. Es gibt natürlich Erfahrungswerte und dass ein frisches Früchtefrühstück munterer macht als eine fettige Fleischpfanne hat wohl schon jede_r erfahren. Doch darüber hinaus gilt es, jedes Mal aufs Neue zu spüren und Bewusstheit auf die Wirkung unserer Nahrung zu lenken. Nicht alles tut mir zu jeder Zeit gleich gut. Unsere Ganzheit ist ein dynamisches System, das mal das Eine und mal das Andere braucht. Mal habe ich einen Mangel an Eiweiß, mal brauche ich Fette oder Vitamine. Und so ist es ein stetiger Prozess herauszufinden, was mir wann guttut und es immer wieder aufs Neue zu prüfen. Neugierig. So als wäre jeder Apfel der erste, den ich je gegessen habe.

Doch wie finde ich heraus was mir guttut? Tatsächlich ist es nicht ganz leicht, genau zu spüren und wahrzunehmen, was der Körper gerade braucht. Doch genau diese Wahrnehmung kann ich trainieren. Zum Beispiel, in dem ich das aufkeimende Bedürfnis (in diesem Fall Hunger) so fein es geht identifiziere (Phase 2 der Gestaltwelle):

Worauf habe ich wirklich Lust?

Etwas Frisches, Vitaminhaltiges?

Etwas Deftiges, Sättigendes?

Eher Kohlehydrathaltig wie Kartoffeln oder Getreide?

Oder doch fett- oder eiweißreicher wie Hülsenfrüchte, Tofu, Käse, oder Nüsse?

Das kann mir helfen zu spüren, was mein Körper gerade wirklich braucht. Hilfreich ist es auch, nach der Mahlzeit noch einmal nachzuspüren und zu überprüfen, ob es das Richtige war:

Wie fühle ich mich jetzt? Physisch, psychisch, emotional?

Fühle ich mich genährt?

Welche Gedanken, Bilder, Phantasien tauchen auf?

War es das, was ich gebraucht habe, oder habe ich das Bedürfnis nicht ganz getroffen?

Nicht nur dass ich so herausfinde, ob noch etwas fehlt oder etwas zu viel war – ich komme auch in den Genuss, das befriedigende Gefühl einer Mahlzeit wirklich wahrzunehmen (Phase 6 der Gestaltwelle).

Körper, Seele, Geist – alle sitzen mit am Tisch

Energie schenkt mir meine Nahrung nicht nur, wenn mein Körper bestens versorgt ist. Auch meine Seele und mein Geist sind beteiligt.

Hat es mir wirklich gut geschmeckt und hatte ich Freude am Essen, weil ich zum Beispiel in netter Gesellschaft war, so fühle ich mich hinterher genährter. Genährter als wenn ich mich regelmäßig mit gesundem, aber nicht besonders schmackhaftem Essen frustriere. So kann ich mir schon vorher die Frage stellen, was meine Seele heute braucht: Wie soll es heute schmecken? Indisch, wie immer, oder diesmal einfach nur leicht salzig? Möchte ich lieber alleine oder in Gesellschaft essen? Ich kann meine Seele streicheln oder stressen, indem ich etwas esse, das bestimmte Gefühle in mir auslöst. Mein Lieblings-Soulfood oder den immergleichen Geschmack von Oma‘s Apfelkuchen assoziiere ich vielleicht mit einem wohlig-warmen Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Auf der anderen Seite hat mich vielleicht eine Dokumentation über Welthandel oder Fleischproduktion sehr aufgewühlt und so sind diese Gefühle – wenn auch unbewusst – da, wenn ich zum Beispiel ein weitgereistes Steak esse.

Und auch mein Kopf ist beteiligt: Stimmen Herkunft, Produktionsweise und (Weiter-)Verarbeitung der Zutaten mit meinen Prinzipien überein, so bin ich zufriedener als wenn ich ständig ein schlechtes Gewissen mit mir herumtrage. Oder ich weiß aus Erfahrung, dass mir dieses oder jenes nicht gut bekommt. Oder…Oder… Diese Energien wirken oft im Verborgenen da kann es sehr hilfreich sein, sie durch bewusste Wahrnehmung zu erleben und an die Oberfläche zu bringen. Energie geht am Widerstand verloren. Haben mein Körper, meine Gefühle oder meine Gedanken etwas gegen das, was ich mir da gerade reinschiebe, dann stresse ich meinem gesamten Organismus damit.

Und jetzt zu dir.

Popeye hat zum Spinat gegriffen, wenn er Kraft brauchte. Was ist dein Powerfood? Was verleiht dir Flügel? Was macht dich wach, ausgeglichen und kraftvoll? Und was hilft dir zu spüren, was du gerade brauchst? Wann fällt es dir leichter und wann schwerer zu spüren, ob du wirklich gesättigt und befriedigt bist? Kennst du Momente in denen du das Gefühl hattest, deinem Organismus genau das Richtige gegeben oder am Bedürfnis vorbeigegessen zu haben?

Teile gerne deine Erfahrungen in den Kommentaren mit uns.

Fortsetzung:
Im dritten Teil der Beitragsreihe „Gut zu wissen….oder?“ wollen wir die Kopfebene mehr in das Thema mit einbeziehen. Wie spielt das was wir über unser Essen wissen, in unsere Ernährung mit hinein?

Hier geht es zu Teil 1 „Hallo Essen – eine erste Kontaktaufnahme“.

 

Zum Autor: Marius Küpper wohnt in Berlin und arbeitet als Seminarleiter für Heldenreisen und das Enneagramm, sowie als persönlicher Assistent für Rollstuhlfahrer. Er beschäftigt sich u.a. damit, wie unserer Ernährung unsere Ganzheit beeinflusst. Nicht nur das, was wir essen, sondern auch wie wir das tun und welche Aufmerksamkeit wir dem gesamten Prozess schenken, hat  Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. In seinem Studium der Molekularen Biowissenschaft lernte er insbesondere die physiologische Wirkung unserer Nahrung auf unseren Körper kennen. Nun erweitert er diese Perspektive um das Mitspiel unserer Seele und unseres Geistes.

Headerbild: copyright Liz Cook Charts, www.lebenswurzeln.de

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